Im betrieblichen Alltag kommt der verhaltensbedingten Kündigung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber besondere Bedeutung zu. Dies zeigt schon eine juris-Recherche, die am 17.3.2015 insgesamt 6363 Treffer, davon 3693 aus der Rechtsprechung, ergab – Tendenz steigend. Die Vielzahl der dokumentierten Streitigkeiten macht deutlich, dass eine verhaltensbedingte Kündigung durch den Arbeitgeber fehleranfällig ist, sind doch neben den materiellen auch zahleiche formelle Hürden zu bewältigen. Von daher ist es ein besonderes Verdienst von Haas, dass er sich als renommierter Fachanwalt für Arbeitsrecht und erfahrener Praktiker dieser komplizierten Materie widmet. Ihm geht es dabei weniger darum, die Dogmatik des Rechts der verhaltensbedingten Kündigung weiterzuentwickeln. Vielmehr soll auf Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung dem Praktiker ein Leitfaden an die Hand gegeben werden, damit er in die Lage versetzt wird, eigene Sachverhalte auf ihre kündigungsrechtliche Relevanz hin zu überprüfen. Dies geht naturgemäß nicht ohne einen theoretischen Unterbau, sodass Haas zu Recht allgemeine Ausführungen zur verhaltensbedingten Kündigung sowie zu den Voraussetzungen einer ordentlichen und außerordentlichen Kündigung voran stellt. Dabei werden weder die praxisrelevanten Verdachts- und Druckkündigungen noch wird die Beteiligung des Betriebsrats ausgeblendet. Letzterer ist ein eigenes Kapitel (8, S. 156–180) sowie ein Muster (Kapitel 12 B, S. 217 ff.) gewidmet, scheitern viele Kündigungen trotz materieller Rechtfertigung in der betrieblichen Praxis immer wieder an einer unzureichenden Betriebsratsanhörung.
Handbücher und Ratgeber zum Ausspruch verhaltensbedingter Kündigung sind zahlreich. Gleichwohl stellt der „Haas“ (Verlag De Gruyter) eine echte Bereicherung dar, insbesondere aus drei Gründen. Erstens ist der Band klar und verständlich geschrieben, der Sprachduktus ist sachlich und unprätentiös. Ohne Verzicht auf juristische Prägnanz gelingt es Haas, komplizierteste Sachverhalte und rechtliche Probleme auch für den juristischen Laien nachvollziehbar darzustellen. Die Darstellung ist ohne Verzicht auf die juristisch erforderliche Genauigkeit anschaulich. Der Autor ergeht sich zweitens nicht in Leer- und Allgemeinplätzen, sondern veranschaulicht seine Aussagen an Hand konkreter Beispielsfälle aus der Rechtsprechung. Dies wird insbesondere am umfangreichsten Kapitel 7 (S. 83–155) deutlich, indem Haas alphabetisch zahlreiche Einzelfälle zur verhaltensbedingten Kündigung abhandelt. Gerade dem Entscheider in der betrieblichen Praxis wird so die Möglichkeit gegeben, den zur Entscheidung anstehenden, konkreten Sachverhalt auf Parallelen zu entschiedenen Fällen hin zu überprüfen und somit zumindest grob einschätzen zu können, ob eine verhaltensbedingte Kündigung vor den Arbeitsgerichten Bestand haben kann. Der Band ist drittens für die Praxis geschrieben und beschränkt sich deswegen zu Recht nicht auf das allgemeine Kündigungsschutzrecht. Haas spricht insbesondere das wichtige Personalgespräch an, das einen Aufhebungsvertrag vorbereiten und damit den selten genau vorhersagbaren Kündigungsschutzprozess vermeiden kann (Kapitel 9, S. 181–195). Aus seiner langjährigen Erfahrung kennt er die Bedeutung der Gesprächsvorbereitung und gibt hierzu ebenso einen knappen und prägnanten Überblick wie zu den in einem Aufhebungsvertrag zu regelnden Sachfragen. Insgesamt eine praxisorientierte Darstellung des Rechts der verhaltensbedingten Kündigung, welche die Lücke schließt, die der letztmals vor zehn Jahren erschienene Band von Berkowsky zur personen- und verhaltensbedingte Kündigung hinterlassen hat, und der eine weite Verbreitung zu wünschen ist. Betrieblichen Praktikern, aber auch Rechtsanwälten kann der Erwerb daher nur nachdrücklich empfohlen werden.
Die Rezension wurde der NZA – Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht 2015, Heft 24, entnommen.
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